1. April 2023 Von HP K Aus

‚FIOCCHI 7.5 Swiss Ord‘ cosa sta succedendo qui?/

Als uns zu Ohren kam, dass an einem Revolver Schiessen im „Wilden Osten der Schweiz“ mit neuer Fiocchi Fabrikmunition mit 2 Revolvern Laufkrepierer produziert worden sind, kam natürlich sofort der Wunsch auf, der Sache etwas auf den Grund zu gehen.

Das schon vorne weg: Es wurde Überraschendes entdeckt!

Hier die Probanden mit passendem Testequipment.

Zur Klarstellung und genauen Identifikation der untersuchten Patronen, hier die visuelle Zuordnung der getesteten Munition :

Fiocchi 7,5 ORD. SVIZZERA aus dem Batch, wie sie ca vor 10-15 Jahren im Schweizer Handel für ~106. Fr. über den Fachhandeltisch gingen.

Im Folgenden als „G.F.L. alt“ bezeichnet.


Fiocchi 7.5 Swiss Ord, wie sie zur Zeit im Schweizer Handel für ca ~80.- Fr. über den Tisch gehen.

Im Folgenden als „G.F.L. neu“ bezeichnet


1. Visuelle Begutachtung

Die visuelle Begutachtung zeigt zwar ein paar kleinere Unterschiede, aber nichts was auf grössere Probleme deuten würde.

Aber, man erahnt schon, das hier nicht mehr die gleichen Komponenten verwendet worden sind wie im früheren Los.

Hat das neue 107 grains Geschoss auch eine andere Ogive ?

Detailansicht einer Patrone aus dem
„G.F.L. alt“ Batch.

Detailansicht einer Patrone aus dem
„G.F.L. neu“ Batch.

Die Krimpung sieht anders aus, als vorher.

Die Machart des ‚Headstamps‘ unterscheidet sich.
Die ansonsten grosse und flache Facette ist deutlich kleiner ausgefallen.
Zündhütchen, einmal messingfarbig und einmal vernickelt !

Noch ein Detail zu dieser Facette;
Die hat also durchaus eine Funktion, bzw. eine Berechtigung; Wenn sie nicht so ausgeführt ist, wird sie in gewissen Revolvern den Trommeltransport blockieren.


2. V0 Messungen

Als erstes auf der Range wurden die V0 der beiden Patronen aus 2 verschiedenen Revolvern Modell 1882 gemessen.

Testaufbau mit LabRadar und Brosi
Diese Kombination ergibt einen bewährten und fast geeichten und zertifizierten Testaufbau 😉

Hier die erstaunlichen Resultate der V0 Messungen:

File # WaffeMunitionqty ShotsDuchschnitt m/s
#81 Rev # 223G.F.L. neu3150 m/s
#82Rev # 223G.F.L. alt3225 m/s
#83Rev # 972G.F.L. neu3145 m/s
#84Rev # 972G.F.L. alt3221 m/s
#85Rev # 9727.5mm Ingold RS123239 m/s
#86Rev # 2237.5mm Ingold RS123204 m/s
#87Rev # 9727.5mm Ingold RS123216 m/s
#88Rev # 972KHP RS123218 m/s
#89Rev # 972KHP RS126216 m/s

Obere Daten in a nutshell:

Vergleicht man die Resultate der G.F.L. neu (rot) mit der G.F.L. alt (blau) ergibt das im Mittel der je beiden Messungen satte 76m/s Unterschied, nämlich 147m/s zu 223m/s.

Die von Waffen Ingold geladenen SKH 7.5 mm Revolver Swiss mit den 110 grains Geschossen liegen plus minus in der V0 Gegend der alten G.F.L. alt, gemittelt bei ca 220m/s.
Den Patronen wird sich Mäsa noch im Detail widmen; Die scheinen aber ganz gut und zuverlässig zu schiessen!


Die von KHP ebenfalls mit RS 12 geladenen Patronen (# 88) liegen gemittelt bei ca 217m/s.


3. Woran liegts ?

Man sieht’s: Ungefähr gleiche Ladedichte, der beiden Fiocchi’s.

Für die etwas raubeinige Zerlegung der zwei Patronen entschuldigt sich der Autor: Wer’s aber auch schon mal gemacht hat, und kein Krümelchen, zweckts genauem Nachmessen, verlieren möchte, der muss den sonst gebräuchlichen Entladehammer beiseite legen, und die Geschosse mit der Beisszange ziehen.

Beim genaueren Hinsehen wird’s offensichtlich: Da sind zwei unterschiedliche Pulversorten verladen worden.

Hier das Pulver der G.F.L. alt . .

. . und hier das Pulver der G.F.L. neu:

Gewichtsmässig ebenfalls ein riesen Unterschied .
G.F.L. alt . . .

G.F.L. neu . . .

Da wir per dato nichts über die verwendeten zwei Pulver wissen, wären weitere Aussagen darüber nur Spekulationen.

Einfach noch um den pulvrigen Gwunder zu stillen: So sieht das Wimmis RS 12 Pulver aus. Rein optisch durchaus ähnlich zur G.F.L. neu


4. Innenleben der Geschosse

Fiocchi 7.5 Swiss Rev Geschoss

Interessantes Detail: An der Ogive ist der Kupfermantel eindeutig dicker: Unklar warum.

Hier die etwas detailgenauere Aufnahme . . Oben gesagtes ist klar ersichtlich.

Spekulation: Das die unterschiedliche Mantelstärke Absicht bzw. ein Designmerkmal ist, wage ich zu bezweifeln.
Mögliche Erklärung: Beim Tiefziehprozess des Mantels fliesst der zylindrische Teil des Material eventuell mehr, als der vom Stempel in Bodennähe festgeklemmte Teil des Mantels.

Dem aufmerksamen Beobachter ist nicht entgangen, dass das Geschoss in der oberen Abbildung links ein ‚ganz durchtriebenes‘ ist; Soll heissen, ist geschossen worden, und blieb dann ca. 2mm tief im Holzrahmen der Scheibe stecken :-0
War schon das erste Zeichen, dass mit dieser Munition etwas nicht stimmt.


Original 7.5mm Schweizer Geschoss

Schweizer Präzision: der Mantel weisst eine konstante Dicke auf.

Hier die etwas detailgenauere Aufnahme des originalen Thuner Geschosses.


H&N RN .314″/100 grains HS Geschoss *

Anderes Verfahren; Sichtlich viel dünnere Kupferschicht

Hier die etwas detailgenauere Aufnahme des H&N Geschosses.

* Hier das was H&N dazu sagt:
Diese Oberflächenveredelung wurde in den 90er Jahren von H&N eingeführt und hat sich bis heute durchgesetzt. Bei dieser Methode wird der Geschossrohling galvanisch verkupfert. Eine zusätzliche Kunststoffbeschichtung vermindert die hohen Belastungen bei starken Laborierungen. Daher sind diese Geschosse auch für Geschwindigkeiten über 320 m/s geeignet. Die komplette Verkapselung des Bleikernes verhindert Abschmelzungen und Bleiabrieb. Der weiche Geschosskern gewährleistet zudem eine optimale Anpassung an das Laufprofil und ermöglicht die Verwendung auf allen Schießständen. Für High-Speed-Geschosse liegt eine Vielzahl von Laborierungsdaten vor.



5. Schlussfolgerung

Es kann (noch) nicht genau gesagt werden, warum die neue Fiocchi die eingangs erwähnten Laufstecker produziert haben: Eindeutig klar ist aber, dass diese auf 147m/s geladene Laborierung eindeutig auf der gaaaaanz schwachen Seite des Spektrums liegt.

Wenn dann noch erlahmte Hammerfedern der doch schon 100 Jährigen Revolvern dazu kommt, weiss man aus der Literaur, dass dies den Gasdruck und die V0 in die ’schwache Richtung‘ beeinflusst.

Laut dem Ladebuch von Dynamit Nobel und H&N sind ‚dort unten‘, also so um die 150m/s herum, praktisch keine Ladungen zu finden. Ausnahme: Im Dynamit Nobel Buch gibt zwei Laborierungen mit einem 100 grain WC Geschoss mit einer ‚min von 150m/s‘; das ist die langsamste Laborierung welche wir in der Literatur gefunden haben: Und das WC Geschosse erklärt auch, warum das so ist und sicher gut ist.

Das man aber dann Mantelgeschosse auf ‚unter Blei WC Geschosse V0‘ lädt, ist doch eher erstaunlich.


Auch auf dieser Italienischen Ballistik Seite, sind die Ladungen deutlich stärker > hier


Man darf durchaus spekulieren, dass Fiocchi, wie übrigens auch andere gleichfalls renommierte Munitionshersteller, ihre Komponenten irgendwo auf der Welt zusammenkaufen, irgendwo zusammensetzten und dann mit ‚Made in EU‘ auf den Markt bringen.
Hier unterscheiden sich die Geschosse, das Pulver, die Hülse und das Zündhütchen dermassen von einander, dass man getrost davon ausgehen kann, dass diese neue FIOCCHI Munition eine komplett andere Munition ist, als die vorherige, die spekulativ auch auf anderen Maschinen verladen worden sind.
Spannendes Detail am Rande: Die 50er Schachtel kostet per dato (2022-2023), wo die meisten anderen Munitionssorten preislich fast explodiert sind, ungefähr 26.- Fr weniger, als vor 10 oder 15 Jahren. Sind hier extensive Sparmassnahmen erkennbar ?!?


Eure Ergänzungen oder andere Kommentare hören wir gerne, schreibt uns doch unten in der Kommentar;
Danke, das 7.5er Team

Bericht von Brosi, Mäsa und Hampi; Altstätten 1. April 2023