3. August 2003 Von Webmaster Aus

„Finne sucht 22iger“

Unübersehbar ist das grosse Angebot an KK Munition. In einer Preisspanne zwischen CHF 3.50 und fast CHF 20.00 pro 50 Schuss liegen in jedem guten Fachgeschäft schnell mal 10 bis 20 Sorten auf dem Tresen. Etwas überspitzt gesagt beherrschen die Deutschen*, Finnischen und Amerikanische Fabrikate den Markt. 
* Heute kann man schon fast wieder ‚Schweizer Fabrikate‘ sagen, nachdem die RUAG so ziemlich alles aufgekauft hat was da in Deutschland Rang und Namen hat in Sachen Qualitätsmunition!   

Die Testprobanden: Abbildung nicht ganz komplette

Möchte man den Munitionstyp für eine bestimmte Waffe nicht anhand der durchwegs attraktiven und erfolgesversprechenden Verpackungen aussuchen, bleiben einem etliche Methoden, um einen geeigneten Munitionstyp zu finden: 

  • Die einen kaufen dann einfach die teuerste Munition und vertrauen auf den alten Spruch „you get what you pay for“.
    NUR: Bei unserem Sport schiessen wir die Hälfte der Schüsse auf 50 oder sogar nur auf 25m. Die Ziele, namentlich die Hühner und die Schweine, sind dabei eigentlich eher gross und eher einfach zu treffen; Da liegen also etliche Franken drin, wenn man dazu nicht blind die teuerste Munition ‚verschwendet‘! Ausserdem sei die Frage erlaubt, schiesst die teuerste Munition wirklich auch am besten?   
  • Die anderen wählen einfach diejenige Munition die sich bei ihrer Sport- oder Freipistole bewährt hat. 
    NUR: Ich persönlich gehe davon aus, dass jede Waffe für ihre individuelle Topleistung ‚ihre optimale‘ Munitionssorte benötigt und dass dabei Extrapolationen auf andere Waffentypen eher schwierig zu machen sind. Also sind gute Erfahrungen mit den notabene nochmals ganz anders gebauten mehrschüssigen Sportpistolen nicht automatisch auf die Silhouetten Waffen zu übertragen; Die sind ja meistens Einzellader und nicht wenige Typen sind ja eher ‚abgesägte‘ Gewehre.    
  • Noch andere, durchwegs nicht die Anfänger und ‚Sparefroh‘, kaufen einfach eine günstigste Markenmunition und vertreten die Ansicht, dass sowieso alle Patronen vom selben Band kommen, die aus der Büchse halt eher vom Produktionsbeginn und die teuren eher von den eingelaufenen Maschinen; bei den letzteren gibt’s vielleicht auch noch etwas aussortierte Komponenten, who knows ?!?
    NUR: Eigentlich gilt da fast 1:1 oben gesagtes, und es bleibt einem das mulmige Gefühl und die sicher bei jedem Schützen immer wiederkehrende Frage, habe ich wirklich das beste Material? Hätte ich echt mit der anderen, vielleicht 2 Franken teureren Munition, ein oder zwei Punkte mehr geschossen ? Nichts ist ’nervender‘ als das Gefühl, dass ein vermeindlich perfekter abgegebener Schuss nur eine Staubwolke produziert anstatt dem metallischen ‚Ping‘! 
  • Blättert man etwas in den in- und ausländischen einschlägigen Katalogen herum, wird man nochmals auf eine Methode aufmerksam; Kurz gesagt geht es dabei darum, die Patronen einzeln auszumessen und zu sortieren. Man kann dabei viel Geld ausgeben um diverse Werkzeuge zu kaufen mit denen man dann alle möglichen und unmöglichen Dimensionen einer 22er Patrone ausmessen kann, z.B. Randdicke, Gesamtlänge etc. ! Schlussendlich wägt man dann noch die komplette Patrone und sortiert die Ausreisser nochmals aus !   
    NUR: Ich persönlich kann jeder der ersten drei genannten Methoden etwas Richtiges und Positives abgewinnen, dieser Methode jedoch gar nichts! Nehmen wir als ‚Gedankengeländer‘ das Aussortieren nach Gewicht; Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass wenn z.B. die Kugel etwas schwerer ist als es sich gehört und dafür aber die Hülse zufälligerweise etwas leichter ausgefallen ist, dass die Patrone gleich gut schiessen soll wir die Nachtbarspatrone bei der alle Masse dem Sollmass entsprechen. Gleiches gilt sinngemäss auch für alle anderen Dimensionen und deren Addition aus zufälligen Under- und Uebermassen ! 

 Also, was nun? Eine Methode auswählen und dann ‚in die Vollen‘ ! Okay, kein Problem, machen viele erfolgreiche Schützen so! 

Ähnliche oder sogar noch hitziger geführte Diskussionen findet man ja auch bei den Grosskaliber Waffen und deren Kaliber und Munitionskomponenten. 

Welches ist das beste Kaliber? 7GJW oder die 7mmBR, 308 Picra oder 44 Magnum? 
Was sind die besten Komponenten?Molycoated oder nicht, Boattail oder Plain Base?  
Wie muss man diese vorbereiten? Zündloch entgraten oder nicht, Hülsen hochglanz polieren oder nicht? 
Welches sind die besten Läufe? Button- oder cutrifled, Shilen oder Lilia? 
etc etc ! ! ! 

Mir persönlich gefallen da die etwas hemdsärmlige Aussagen von Praktikern, wie: „Take the gun to the range and see how good it shoots“!
Molycoated oder nicht, ‚button‘ oder ‚cutrifled‘ Läufe, GJW oder BR hin oder her, schlussendlich zählt doch in unserem Sport, neben dem Faktor ‚Schütze‘ die gemessene Präzision auf der Scheibe am meisten.   

Also bleibt einem nichts anderes übrig als auf dem Schiessstand unter beherrschten Bedingungen einige Testserien zu schiessen.      

Meine Finnische Silhouetten Pistole ‚Loppo Production‘ basiert ja auf einem Sako Gewehr System. D.h. also, sie ist mit zwei normalen M5 ‚Inbus-Schrauben‘ in den Schaft geschraubt. 
Somit lässt sich mit einigermaßen vernünftigem Aufwand eine solide und korrekte Aufspannung bauen. Ein Stunde an der Fräsmaschine und schon ist so ein Ding gebaut. 

Die Pistole wurde ausgeschäftet und mit den zwei originalen M5 Schrauben auf die Aufspannung geschraubt. 

In einem unseren Schiessständen befindet sich ein massiver Stahlwinkel, der stabil an einen Betonpfeiler angeschraubt ist. Beste Voraussetzung für eine stabile und solide Aufspannung. 

Wenn wir schon mal dabei sind, einige Vo Messungen wurden auch gleich vorgenommen und aufgezeichnet. 

ACHTUNG
Die folgenden Resultate sind an mehreren Tagen unter verschiedenen Bedingungen geschossen worden, aber immer auf 50m ! 
Die Schusszahlen pro Munition sind nicht immer konstant und es wurden nicht alle Sorten mit dem vollen Programm durchgetestet. 
Die Resultate sind also nicht akademisch auf die Komastelle zu werten, sie stellen lediglich einen ersten groben Ueberblick dar. 
Ich habe mir aber trotzdem Mühe gegeben, die Pistole mit jede Munition zuerst einzuschiessen und erst dann die Wertungsschüssen vorzunehmen. Der Schiess-Rythmus war bei allen Test immer derselbe und entspricht zeitlich etwa den Serien beim Silhouetten Schiessen. 
Was 100% einwandfrei war, die ganze Aufspannung war stabil und die Trefferlage änderte sich auch nach mehreren hundert Schuss nicht.   

Bei einem nächsten Test werden die Spitzenreiter noch mal etwas genauer unter die Lupe genommen. Ich bin der Meinung, bei dieser Suche sollten mindestens 50er Schussgruppen gemacht und ausgewertet werden. 
Der Rest dieses Testes scheint in Ordnung zu sein, darum wird es dann auch wiederum identisch durchgeführt.  

Falls möglich, würde ich den Test gerne auch mal auf die Maximum Distanz von 100m durchführen. Hier in der Nähe gibt es einen Schiessstand, welcher über 100m Zugscheiben verfügt.  

Auch geplant ist ein ähnlicher Test mit der noch mehr verbreiteten ‚Hämmerli 120‘ und mit dem FA Revolver ! 

Ach ja, noch was: Mich hat erstaunt, dass eigentlich alle Munitionssorten so plus / minus ans gleiche Ort geschossen haben, immerhin auf die Distanz von 50m! Die Differenzen der Schusslagen waren nicht grösser als die gemessenen Streuungen! Dies interessiert mich dann auch ganz besonders auf 100m !  


Die Resultate in Tabellenform folgen noch, wir haben nich etwas Mühe mit der Darstellung in diesem CMS Programm 😉


Hier noch einen Kommentar zum obigen Test: (Weitere Kommentare bitte an den Webmaster

Hoi Hampi,

Wie von Dir gewünscht, gebe ich gerne meinen Senf dazu:
Habe ich etwas übersehen oder kannst Du mir sagen, aus wie vielen Schuss der 1. und 2. Streukreis besteht? 5, 10 oder 20? Meine Beobachtungen haben gezeigt, dass 5 Schuss rein zufällig ausfallen, obwohl einige Schützenblätter nur solche veröffentlichen und dann die Waffe mit 2 mm weniger Streuung gewinnt. Dabei wird meist nicht einmal angegeben, auf welche Distanz die Auswertung erfolgte. Waren es bei Dir 25 Meter? Meine Richtschnur ist, das 10 Schuss schon eine Tendenz zeigen und 20 schon 80 Prozent der Streuung mit beliebigen Schüssen angeben. Bei richtigen Giesskannen hilft jedoch auch das nicht.
In der französischen Zeitschrift „Silhouette“ seligen Andenkens machte Jean-Pierre B. einmal Messungen mit immer mehr gekürzten Läufen und stellte dann von starker horizontaler über schön runder bis extrem vertikaler Streuung unterschiedliche Trefferbilder fest. So etwas fand ich auch bei wenig geeigneter Munition oder starken Laufschwingungen. Die Franzosen gaben deswegen nicht den Streukreis, sondern Breite plus Höhe der Streuung an. Konntest Du auch so seltsame Verteilungen feststellen?
Die Geschwindigkeits-Streuung auf ganze Meter zu runden ist sicher richtig. Bedenke jedoch, dass schon +/- 1,6 Meter lediglich einer Abweichung von insgesamt 1 Prozent der gemessenen Geschwindigkeit ist. Um das sicher festzustellen, sollte die Messeinrichtung bei 1 Promille liegen, aber der Messfehler sicher 2 Promille nicht überschreiten. Die meisten V-Messeinrichtungen weichen 1 – 3 Prozent ab. Bei frühen Chronis habe Martin Jangowski und ich noch deutlich mehr gemessen! Ausser der .22 short, die Du sicher mehr aus Spass aufgenommen hast, zeigen die schlechtesten Ergebnisse vor allem Geschosse, die nahe an der Schallmauer oder sogar deutlich darüber aus der Mündung starten. Sie werden mehr oder weniger bald unter die Schallgeschwindigkeit gebremst und in diesem Transschallbereich erhalten sie starke Störungen. Da die Schallgeschwindigkeit nur auf Meereshöhe bei 20 Celsius mit 332,8 m/s definiert ist, aber bei anderer Temperatur und Luftdruck einige m/s variiert, sind Start-Geschwindigkeiten in der Nähe von 330 m/s recht unzuverlässig. Was im Winter gut geht, muss im Sommer nicht klappen. Da die Luft nicht parallel zur Geschossachse fliesst, sondern an Front und Heck zu einem Umweg gezwungen wird, müssen diese Luftteilchen schon vor Erreichen der Schallgeschwindigkeit durch die Schallmauer. Bei meinen Waffen sind teure Tenex nie verkehrt, aber ich finde immer eine viel günstigere Patrone, die aus einer bestimmten Waffe besser schiesst. Allerdings kann sie in einer anderen wieder katastrophale Ergebnisse bringen. Sogar die Los-Nr kann entscheidend sein!
Rainer Bergfeld besorgte einmal 22er Fiocchi, die in diversen Waffen sehr gut schoss. Leider kam das nächste Los des gleichen Typs nicht annähernd an diese Ergebnisse ran. Für das DWJ machte Hans Aicher – unter Mitwirkung von H.-P. Neumann – vor Jahren einen Munitionstest mit Revolvern von Weihrauch, Freedom Arms, S&W und noch irgend einem. Als Konsens meinte er, der Weihrauch sei mit den meisten sehr gut, der Freedom sei nur mit Tenex geringfügig besser, würde jedoch nicht alle Fabrikate laden können und die beiden andern wären generell schlechter. Ist jedoch ca. 15-20 Jahre her.
Übrigens gab es einmal schweizer KK-Munition, aber das ist mehr als 30 Jahre her und dürfte Sammlern die Tränen in die Augen treiben, wenn Du diese ausprobierst 😉
Dass Geschwindigkeits-Abweichungen wenig aussagen, sah ich bei Ivo Picek´s Supersonic-Revolver. Trotz Differenzen seiner Ladung um +/- 16 m/s hat er in Uzes beim Stechen alle Hühner und Field-Turkeys abgeräumt. Mit meiner .44 Mag, die lediglich um +/- 4 m/s schwankt, kann ich ihm da nicht Paroli bieten ;-( Könnte natürlich auch am Schützen liegen….Dies sind lediglich Anmerkungen und keine Kritik, denn aus Deinen aufwendigen Messungen kann man sehr viel Grundsätzliches herauslesen. Als Kochbuch (welche Muni nehme ich für meine Waffel) ist es sicher nicht gedacht.
Der Dank der Silhouetter sei Dir gewiss! Nächtliche Grüsse und guten Aufenthalt, aber hüte Dich vor den Messern der Ghurkas, die immerhin auf Alexander den Grossen – der in Wirklichkeit recht klein war zurückgehen sollen.
GJW